„Krieg. Stell dir vor, er wäre hier“

Unter dem Eindruck PEGIDAs und der ersten Demonstrationen gegen das geplante Asylbewerberheim auf der Karl-Marx-Straße in Klotzsche, bei denen sich Kollegen, Nachbarn und Freunde unerwartet dies und jenseits der Karl-Marx-Str. in den verschiedenen Lagern gegenüberstanden, konnten viele Menschen nicht verstehen, weshalb nach nur 70 Jahren bereits so viele Menschen vergessen zu haben schienen, wie viele deutsche Familien selbst von Flucht- und Vertreibungserfahrungen am Ende des zweiten Weltkriegs betroffen und bis heute geprägt sind und wie viele DDR-Bürger aus den verschiedensten Gründen im Laufe der Zeit „rüber gemacht“ haben. „Das war ja etwas ganz anderes! Das waren ja Deutsche!“ oder „Ich bin seinerzeit auch in Holzglocks von Ostpreußen hierher gelaufen, mir hat auch keiner geholfen!“ waren Sätze, die wir beim Versuch, auf der Karl-Marx-Straße mit Asylheimgegnern ins Gespräch zu kommen, zur Antwort bekamen.

Die ev.-luth. Kirchgemeinde Dresden-Klotzsche konnte recht kurzfristig Lars Jung von Staatsschauspiel Dresden für eine Lesung von Janne Tellers Buch  gewinnen. Wir wollten mit dieser Veranstaltung die aktuelle Debatte um Asyl und Flüchtlinge von konkreten Brennpunkten lösen und in größere Zusammenhänge stellen.

Dieses Buch ist ein Gedankenexperiment, der Titel Programm. Der Leser bzw. Zuhörer kann sich der Situation nicht entziehen. Stell dir vor, es ist Krieg, hier und jetzt…

Frau von FriesenDie kongeniale Lesung von Lars Jung wurde von der Traumatherapeutin Astrid von Friesen flankiert, die sich schon lange mit den Auswirkungen von Flucht und Vertreibung auf Familien bis in die zweite, dritte, vierte Generation beschäftigt. Sie berichtete von vielen eigenen und beruflichen Erfahrungen und regte damit eine emotionale Diskussion an. Werner Wendel vom Sächsischen Flüchtlingsrat schlug die Brücke zur aktuellen Situation in Dresden.

Wir danken allen Beteiligten sehr für ihr Kommen und ihr ehrenamtliches Engagement und dem Hanser-Verlag für die Lesungsrechte!